“Planlos erfolgreich”
Nach einem langen und erfolglosen Meeting fragte mich einmal ein Ex-Kollege aus Spanien, ob ich wüsste, was man über die Deutschen sagen würde. Ich verneinte und er erklärte, dass man sagt, die Deutschen würden die besten Pläne machen. Aber wenn diese nicht gelingen, dann suchen Deutsche erstmal nicht nach einer alternativen Lösung, sondern streiten sich lieber ewig darüber, was an dem Plan falsch war und kommen da auch nicht mehr heraus.
Naiv mag man denken, dass es doch gut ist, aus Fehlern zu lernen und den Grund des Scheiterns des Planes zu analysieren und dadurch zukünftige Pläne besser zu machen. Die Sache hat aber mehrere Haken:
Nicht jeder Zeitpunkt ist gleich gut geeignet, eine solche Bestandsaufnahme zu machen. Erstmal sollte es um eine Anpassung des Plans oder eine Variation und Improvisation gehen, um das Problem zu lösen. Egal wie der Plan vorher aussah. Die Aufarbeitung kann später passieren.
Wenn dann der Zeitpunkt für die Bestandsaufnahme gekommen ist, lohnt es sich erstmal zu hinterfragen, wie wichtig der Teil des Plans war, der schief ging. War es eventuell ein Detail, das das Endergebnis nur zu einem kleinen unbedeutenden Teil beeinflusst hat? Oder vielleicht ein Aspekt, der nur selten wirklich zum Tragen kommt und daher als rein akademisches Problem eingeordnet werden sollte?
Den zweiten Punkt habe ich schon oft in Softwareentwicklungsteams erlebt: jedes “Wenn und Aber” und “Hätte und Wäre” und “Vielleicht” wird ausführlichst diskutiert. Jedes noch so kleine Detail muss angesprochen, durchgesprochen, festgehalten und in Stein gemeiselt werden. Die Dauer der Diskussion steht irgendwann in keinem Verhältnis mehr zum Ergebnis und dessen Wert. Die Frage, die eigentlich im Raum steht ist, wie detailliert ein Plan überhaupt sein sollte.
In der agilen Gedankenwelt lernt man damit umzugehen, dass ein Plan nicht bis ins letzte Detail ausgearbeitet ist. Man macht einen groben Plan und fängt an ihn umzusetzen. Man lässt sich darauf ein, dass es Abweichungen im Plan geben wird. Da man mit dem wichtigsten anfängt und die Zwischenstände immer wieder anschaut, untersucht und bewertet, und sich so neu ausrichtet, entsteht sehr schnell bereits etwas Nützliches.
Tatsächlich kann man das "Überplanen" nicht nur in der Entwicklung von Produkten beobachten sondern auch an vielen anderen Stellen in einem Unternehmen, z.B. bei organisatorischen und administrativen Maßnahmen. Ohne Notwendigkeit und offensichtlichen Grund wird z.B. darüber diskutiert, ob Meeting-Protokolle notwendig sind. Die Diskussion greift weit umsich mit der Frage, ob diese elektronisch erstellt werden sollen, ob man dafür Word oder eher ein Online Tool benutzt, ob diese archiviert werden müssen und für wie lange. “Nicht dass hinterher einer sagt, wir wären nicht gut vorbereitet!”
Blanker Unsinn. Wenn die Meetings zahlreicher werden und sich tatsächlich rausstellen sollte, dass ein Protokoll wirklich nötig ist, dann und erst dann, sollte man es einführen. Und der Grund für die Einführung bestimmt dann auch sicherlich am besten, in welchem Umfang und in welcher Form das Protokoll erstellt werden muss.
“Für jede Eventualität vorbereitet sein” ist meistens keine professionelle und auch keine gute Vorgehensweise. Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt und dann ist da noch Murphy. Es geht nicht darum, gar keinen Plan zu machen sondern mit wenig Aufwand einen ausreichend genauen Plan. Es geht darum zu wissen und vernünftig zu beurteilen, wie detailliert der Plan sein muss.