Die Mitarbeiter an die Hand nehmen
„Die Digitalisierung und Automatisierung muss weiter voranschreiten. Die Transformation wird hart, aber wir müssen da durch und werden das schaffen!“
Dieses Zitat kann ich keiner bestimmten Person zuordnen. Mir kommt es aber vor, als hätte ich es so schon hunderte Male gehört. Egal ob es um Firmen aus der Industrie oder der Logistik geht, egal ob es um die Organisation innerbetrieblicher Abläufe geht oder um Produktentwicklung. Entsprechend bestimmen die Buzzwords „Digitalisierung“, „Transformation“ und „Automatisierung“ viele der Messen und Konferenzen, die ich in den letzten Jahren besucht habe und jüngst ist auch noch „KI“ hinzugekommen. Die Muster, die ich dabei erkenne, sind über die Jahre und Themen hinweg immer gleichgeblieben:
Jeder greift für eigene Vorträge auf Konferenzen und dem Motto für den eigenen Stand die Buzzwords irgendwie auf
Dadurch schwingen sich die Zuhörer und Besucher gegenseitig auf die Hype-Themen immer mehr ein
Die Buzzwords verbreiten sich über solche Events in den Management-Etagen der verschiedenen Unternehmen
Aus Angst, einen Hype zu verpassen, werden Maßnahmen eingeleitet, die sich irgendwie diesen Themen annehmen sollen
Zum Glück durchschauen auch viele dieses Muster und lassen sich davon nicht einwickeln. Im Kontext von Digitalisierung und Transformation, scheint dies allerdings anders zu sein, denn die Begriffe sind so weit gefasst und überspannen so viele Detail-Themen, dass dann doch fast jedes Unternehmen in der Reflexion über sich selbst zu dem Punkt kommt, den Zug nicht verpassen zu wollen.
Auch beim „Logistics Summit“ diesen Monat, waren die Themen Digitalisierung und Transformation oft zu hören. Mal wieder. Sie werden meist aus den Führungsetagen der Unternehmen heraus vorangetrieben und haben ihre Wurzeln leider nicht „unten“ bei den Mitarbeitern. Von „wir müssen unsere Mitarbeiter an die Hand nehmen“ war oft die Rede. „Man müsse die Mitarbeiter früh informieren, was auf sie zukommt“, klang auch immer wieder an. Da zuckt bei mir natürlich sofort ein Schmerz durch meine agilen Glieder: „die Mitarbeiter an die Hand nehmen“? Also wie ein kleines unmündiges Kind, damit es sicher über die Straße geleitet wird? Aha, interessant. Die Mitarbeiter werden „informiert, was auf sie zukommt“: eine Dampfwalze? Ein Zug? Eine Monsterwelle? So klingt es und es entsteht massiv der Eindruck, dass im Elfenbeinturm Prozesse und Tools ersonnen wurden, die der Praxis übergestülpt werden sollen. Dort, wo unmündige und kleine Kinder in ihrem ahnungslosen Treiben gestört und in neue Bahnen geleitet werden müssen. Am besten mit künstlicher Intelligenz, man weiß nie, wozu die alles gut sein kann!
Ich denke, dass es in vielen Unternehmen große Optimierungspotentiale gibt und dass gerade die Anpassung von Arbeitsweisen und auch die Digitalisierung enorm dabei helfen können, diese Potentiale zu heben. Es lohnt sich dabei aber ganz im agilen Sinne und in der Art und Weise einer auf den Outcome zielenden Organisation, die realen Probleme zu beleuchten und Lösungen für jene davon zu ersinnen, die den größten Mehrwert bei der Behebung liefern. Dies schließt aber insbesondere natürlich ein, den Ist-Zustand auch wirklich zu kennen. Nicht durch Zahlen in einem Excel-Sheet allein, nein, sondern durch Gespräche mit den Mitarbeitern, die jeden Tag mit Problemen und Herausforderungen konfrontiert sind. Zuhören, was wirklich passiert und was typischerweise schiefläuft. Mit den Mitarbeitern zusammen sich Tests überlegen, wie Abläufe angepasst werden können, damit es einfacher, leichter, schneller, einfach besser geht. Testweise dazu auch gerne neue Tools ausprobieren. Zusammen untersuchen, welche Parameter noch bestimmt werden müssen, um besser zu verstehen, was warum wie abläuft. Zählen, wie oft relevante Dinge passieren, stoppen, wie lange manche Vorgänge tatsächlich dauern usw.
Das Ziel ist immer das Gleiche: zu einem gemeinsamen Verständnis kommen, was wie verbessert werden kann und was davon als erstes angegangen werden sollte, weil es die größte Verbesserung bringen wird.