Der technische Schlüssel zur digitalen Transformation: „Unified Namespace“
Was ist der „Unified Namespace“ kurz UNS?
Der „Unified Namspace“, kurz UNS, ist vor allem ein technisches Konzept. Es ist kein in Software gegossenes Framework. Es entstand federführend durch Walker Reynolds in den USA, als er und seine Kollegen in Projekten zur Digitalisierung von Produktionsanlagen und Unternehmen insgesamt, immer wieder feststellen musste, dass weder die klassische Herangehensweise sinnvoll war, ein großes Projekt „up front“ zu planen, noch die technischen Mittel geeignet waren. So gab es stets Datensilos, die auch daherkamen, dass z.B. Sensoren verschiedener Hersteller, nicht miteinander kommunizieren konnten oder dass deren Daten nicht auf eine einheitliche Art und Weise normiert verarbeitet und zusammengeführt werden konnten. Blieb man bei technischen Komponenten eines einzigen Herstellers, konnte dies manchmal in Teilen gelingen, aber im Großen und Ganzen nicht.
Der UNS sammelt und strukturiert alle Daten und Ereignisse eines Unternehmens in einheitlicher und geordneter Weise. Durch das Einbeziehen aller relevanten Daten, ist er für ein Unternehmen die „single source of truth“. Der UNS ist damit der zentrale Daten-Hub, an dem Daten gesammelt und abgerufen werden.
Alle relevanten Daten liegen normiert und an ein und derselben Stelle vor und können auf einheitlich und dadurch einfache Art und Weise ausgewertet werden. Dadurch ist der UNS die architektonische Basis für Industrie 4.0 und Initiativen der Digitalen Transformation.
Wo und wie wird er eingesetzt?
Die konkrete Anwendung des UNS Konzeptes kann verschiedene Ausprägungen haben. Typisch ist, dass zunächst smarte Sensoren, die bereits vorhanden sind, an eine IIoT-Plattform angeschlossen werden. Dies klingt „größer“ als es ist, denn es kann sich dabei auch schlicht um einen MQTT-Broker handeln, den man auf einheitliche Art und Weise mit den Sensordaten füttert. Einheitlich heißt im UNS Kontext, dass man das UNS Namensschema beachtet und die Sensordaten korrekt in einer semantischen Hierarchie veröffentlicht. Das UNS Namensschema lehnt sich dabei an ISA-95 an und sortiert Informationen in funktionale, informative und definierende Namespaces ein und ordnet diese den tatsächlichen räumlichen und organisatorischen Einheiten eines Unternehmens zu:
Enterprise
Site 1
Area 1
Line 1
Cell 1
Temperatur 1
Line 2
Temperatur 1
Temperatur 2
Area 2
Warehouse
Silo 1
Füllstand 1
In weiteren Schritten werden dann weitere Systeme und Sensoren nach und nach auch an die IIoT-Plattform oder eben einen MQTT-Broker angeschlossen und so die Digitalisierung weiter vorangetrieben.
Ich möchte hier nicht in die Details einsteigen, wie man einen UNS bei sich im Unternehmen semantisch am besten definiert, dazu gibt es sehr viel Material im Internet in Form von Artikeln, Podcasts und Videos (z.B. "4.0 Solutions" auf YouTube). Mir geht es hier vor allem um den Aspekt, den Prozess unmittelbar und schnell zu beginnen und bereits existierende smarte Devices und deren Daten, auf die genannte Art und Weise zusammenzuführen. Ist dieser Schritt getan, sind oft schon tatsächlich erste Mehrwerte zu gewinnen. Ohne lange Planungsphase, ohne großes Projektteam, ohne großes Projektbudget.
Nach und nach bindet man dann auf dieselbe Weise weitere Komponenten an, und zwar immer nach dem Muster, dass zuerst die wichtigsten Datenquelle angebunden werden.
Die wichtigsten Daten sind die, von denen man sich wichtige Erkenntnisse erhofft und die dadurch echten Mehrwerten liefern. Letzteres im Auge zu behalten ist der Schlüssel und keine Trivialität, oft allerdings gar nicht im Sinne von technischer Machbarkeit, sondern vielmehr durch kluge Auswahl der Daten. Man könnte davon sprechen, dass durch Zusammenführung von Daten, die einzeln noch keinen Mehrwert liefern, erst echte Informationen werden.
Ein sehr anschauliches Beispiel, auch von Walker Reynolds, war ein Projekt, in dem ein Silo, der Flüssigkeiten enthält. Es gibt einen Zufluss von Flüssigkeit und einen Abfluss von Flüssigkeit in und aus diesem Silo. Dieser wurde mit einem Füllstandssensor ausgestattet wurde und jener war „smart“ und sendete eine SMS an einen Mitarbeiter, der für den Betrieb der gesamten Produktionsanlage verantwortlich war, wenn der Füllstand zu hoch wurde und manuell eingegriffen werden musste. Eines Wochenendes ging eine entsprechende SMS ein und für einen unerhört hohen Stundenlohn wurde umgehend im „Alarm-Modus“ ein externer Mitarbeiter beauftragt, die Anlage vor Ort aufzusuchen und entsprechend den Zulauf weiterer Flüssigkeit zu verringern oder den Abfluss von Flüssigkeit zu erhöhen. Abgesehen von einer irrsinnig hohen Rechnung, wurde aber nichts erreicht, denn es zeigte sich, dass der Zulauf so gering war, dass obwohl der Sensor zurecht gemeldet hatte, dass der Silo nun schon zu 90% gefüllt war, die verbleibenden 10% des Volumens noch für einige Tage bei gleichem Zu- und Ablauf ausgereicht hätte und daher gar kein Notfall vorlag. Die Information, „Silo zu 90% voll“, ist eben nicht die relevante Information. Die entscheidende Information wäre gewesen, „Noch 5 Tage bis zum Volllaufen des Silos“.
Fazit
Der Unified Namespace, UNS, ist das technische Konzept, der technische architektonische Ansatz, der die digitale Transformation eines Unternehmens, bequem auf iterative Weise ermöglicht. Ohne große Planung und große Budgets, kann schnell mit der Digitalisierung begonnen und erste Mehrwerte bereits früh erschlossen werden. Nach und nach werden alle relevanten Informationen in einem Daten-Hub zusammengeführt, der dadurch zur “single source of truth” wird.